Europäischer Transportmarkt: trotz Entspannung keine Entwarnung
TIMOCOM Quartalsbericht Q3 2022
Im 3. Quartal 2022 lassen die Frachtüberhänge nach, doch die Laderaumknappheit bleibt. Und das dürfte anhalten, wie der aktuelle Quartalsbericht zeigt.
In Deutschland fehlen derzeit 56.000 Berufskraftfahrer und jährlich werden es 20.000 mehr. Die Gründe sind hinreichend bekannt – hohes Durchschnittsalter, zu wenig Nachwuchs –, aber an konstruktiven Lösungsvorschlägen mangelt es seit Jahren. Weder konnte die Attraktivität des Fahrerberufs massiv gesteigert noch das Mindestalter zur Erlangung eines LKW-Führerscheins massiv herabgesetzt werden. Dabei drängt die Zeit. Denn wie das TIMOCOM Transportbarometer für das 3. Quartal 2022 zeigt, ist der Fahrermangel weder ein nationales noch ein vorübergehendes Phänomen. „Der LKW-Fahrermangel ist keine abstruse Gefahr, sondern lässt sich ganz klar ablesen an unseren Spotmarktdaten“, sagt Gunnar Gburek, Head of Business Affairs bei TIMOCOM.
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Laderaumangebote nehmen seit Monaten ab
Die Spotmarktdaten basieren auf den internationalen Fracht- und Laderaumangeboten, die in die TIMOCOM Frachtenbörse eingestellt werden. Zum Ende des 3. Quartals 2022 zeigten sie ein eindeutiges Bild: Europaweit verharrten die Laderaumangebote 2022 auf dem Niveau des Vorjahres, doch ausgerechnet die Länder, aus denen seit Jahren die meisten Laderaumangebote kommen, schwächeln. Allen voran haben die deutschen Frachtführer viel weniger Laderaum angeboten als noch in den Jahren zuvor. „Im Schnitt wurden in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres 24 % weniger LKW-Kapazitäten aus Deutschland in die TIMOCOM Frachtenbörse eingestellt als im Vorjahr“, analysiert Gunnar Gburek.
Dasselbe Bild zeigt sich bei Laderaumkapazitäten aus Polen, Ungarn und Rumänien, allesamt Länder mit hohem Frachtführeranteil. Doch seit Jahresbeginn stellten die Unternehmen dem Spotmarkt durchschnittlich 8 % weniger Laderaum zur Verfügung als im Vergleichszeitraum 2021. Ein Grund ist auch hier der Mangel an qualifiziertem Fahrpersonal. „Wer denkt, es werden schon qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland nachkommen, der irrt sich“, sagt Gunnar Gburek und appelliert: „Die Marktteilnehmer müssen dringend reagieren und Ineffizienzen wie Leerfahrten und Wartezeiten an Be- und Entladestellen abbauen.“
Zurückgehende Frachtangebote entschärfen das Problem
Zumal der Fahrermangel bei weitem nicht die einzige Herausforderung ist, der sich der Transportmarkt stellen muss. Das ganze erste Halbjahr 2022 wurde von einem massiven Ungleichgewicht auf dem europäischen Transportmarkt geprägt. Erst im 3. Quartal lässt sich eine leichte Entspannung erkennen. Gunner Gburek: „Die deutlichen Frachtüberhänge des 2. Quartals lassen sich im 3. Quartal nicht ausmachen. Stattdessen stellte sich eine saisonal bedingte Abkühlung des Transportmarktes ein, wie wir sie in den Sommermonaten üblicherweise beobachten.“ Dieser Abschwung ist 2022 sogar besonders ausgeprägt. Europaweit wurden im 3. Quartal 28 % weniger Frachten in die TIMOCOM Frachtenbörse eingestellt als im 2. Quartal, bei den innerdeutschen Verkehren betrug die Veränderung sogar -34 %.
Gründe hierfür sind u.a. Störungen der internationalen Lieferketten als wirtschaftliche Spätfolge der Coronapandemie sowie der Krieg in der Ukraine. Als direkte Folge sind die Preise für Treibstoffe und Fahrzeuge massiv angestiegen und die hohe Inflation zügelte die Nachfrage und ließ die Lagerbestände anschwellen. Zuletzt trübte sich die Stimmung in der Branche ein, wie etwa der Einkaufsmanager-Index des BME zeigt.
Umdenken beim Miteinander im Straßengüterverkehr?
Die extreme Disbalance zwischen Kapazitätsgesuchen und -angeboten in Zusammenhang mit den massiven Preisanstiegen für Personal, Fahrzeuge und Treibstoff könnte aber auch zu einer neuen Stärke im Straßengüterverkehr geführt haben. Wurde in den zurückliegenden Pandemiejahren noch das fehlende Miteinander bemängelt, hat das Ausnahmejahr 2022 die Beteiligten am Straßengütertransport teilweise zum Umdenken gebracht. Neben Diesel- wurde auch mit Energiefloatern gearbeitet, Preiserhöhungen trafen eher auf Akzeptanz und Zahlungsziele wurden aktiv verkürzt, um die Vorleistungen aufseiten der Transportdienstleister zu reduzieren.
Die sich abzeichnende Rezession in Deutschland wird die Anzahl an Frachtangeboten auch im kommenden Jahr regulieren und damit den Druck vom Straßengütertransport nehmen. Gunnar Gburek erwartet, dass der saisonal bedingte Einbruch bei der Nachfrage nach Transportkapazitäten im Januar 2023 stärker sein wird als in den Vorjahren. Folglich werden dem Markt mehr Kapazitäten zur Verfügung stehen und die Transportpreise dürften nicht weiter ansteigen.
Mit dem digitalen Marktplatz trägt auch TIMOCOM zur Stabilisierung des Straßengüterverkehrs in diesen schwierigen Zeiten bei. Denn der Spotmarkt sorgt für größtmögliche Flexibilität und das große Netzwerk für den nötigen Schulterschluss zwischen Verladern und Transportdienstleistern. Werden auch Sie Teil der Lösung und schützen Sie sich vor drohenden Ausfällen.
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